Durchschnittlich jeder fünfte Mensch ist von Bruxismus (Zähneknirschen) betroffen. Manchmal tritt dieses meist unbewusste Verhalten bereits im Kindesalter auf. In diesem Fall steigt die Wahrscheinlichkeit, auch als Erwachsener von Bruxismus betroffen zu sein.
Unter Bruxismus versteht man das - meist unbewusste - Aneinanderreiben oder Aufeinanderpressen der Zähne. Dabei kommt es zu einer Verschiebung bzw. einer Anspannung des Unterkiefers. Das Zähneknirschen kann sowohl im Wachzustand (Wachbruxismus) als auch während des Schlafs (Schlafbruxismus) auftreten.
Für Bruxismus kommen mehrere Ursachen infrage. Auslösende Faktoren können zum Beispiel generelle emotionale Belastungen, Angst- und Panikstörungen, Schlafprobleme, genetische Einflüsse, Reflux, schlecht sitzende Zahnimplantate sowie auch der übermäßige Konsum diverser Genussmittel sein. Insbesondere bei Kindern erhöht Passivrauchen die Entstehung des Zähneknirschens.
Der Wachbruxismus bezeichnet das Auftreten des Zähneknirschens bzw. das Auftreten des Zähnezusammenbeißens im Wachzustand. Laut derzeitigem Wissensstand der Medizin hat das Auftreten des Wachbruxismus' vor allem psychologische Hintergründe. So kann es etwa in familiär angespannten Situationen oder bei Prüfungsstress zu einem Auftreten des Zähneknirschens kommen.
Häufig tritt das Zähneknirschen nachts bzw. während des Schlafes auf. Schlafstörungen wie Schlafapnoe und Insomnia erhöhen das Risiko von Zähneknirschen.
In der Medizin wird zudem zwischen primärem, sekundärem und latrogenem Schlafbruxismus unterschieden. Der primäre Schlafbruxismus tritt ohne erkennbare Ursache auf, während der sekundäre Schlafbruxismus in Verbindung mit diversen pathogenen Risikofaktoren bzw. Erkrankungen gebracht werden kann. Latrogener Schlafbruxismus wird durch die Einnahme von Medikamenten und anderen Substanzen verursacht. Es ist daher wichtig, im Rahmen der Diagnosefindung die Einnahme von Medikamenten oder anderen Substanzen dem behandelnden Arzt mitzuteilen.
Bruxismus macht sich meist durch folgende Symptome bemerkbar:
Bleibt Bruxismus längerfristig unbehandelt, kann dieses Verhalten Zähne und Kiefer schädigen: So sind zum Beispiel durch den Abrieb des Zähneknirschens Schädigungen an Zahnschmelz und Zahnbein möglich. In manchen Fällen kann es sogar zu Zahnlücken bzw. einer Zerstörung der Zahnkrone kommen. Weiters kann Bruxismus zu Schädigungen von Zahnersatz, Zahnfüllungen und Implantaten führen.
Zudem kann Bruxismus eine Ursache der kraniomandibulären Dysfunktion (CMD) darstellen. Es handelt sich dabei aus kieferorthopädischer Sicht um eine Fehlregulation des Kiefers. CMD kann weitreichende Symptome verursachen, beispielsweise: Kieferschmerzen, knackende Geräusche im Kiefergelenk, Bewegungseinschränkungen des Kiefers, Tinnitus, Rückenverspannungen, u.v.m.
Manche Betroffenen haben bereits etliche Arztbesuche hinter sich, ohne dabei an eine mögliche zahnärztlich relevante Ursache ihrer Symptome - nämlich an Bruxismus - zu denken. Dabei ist eine frühzeitige Diagnose von Vorteil, um Schädigungen der Zähne bzw. des Zahnhalteapparats zu meiden oder diese schon im Frühstadium behandeln zu können. Dank adäquater Behandlung können diverse Symptome gelindert oder sogar behoben werden.
Erste Hinweise auf Bruxismus können morgendliche Zahn- und Kieferschmerzen sowie "abgeschliffene" Zahnoberflächen sein. Ein Zahnarztbesuch klärt diese Symptome professionell ab. Im Zuge dessen wird der Patient darüber befragt, ob ihm das Malmen oder Zusammenpressen seiner Zähne schon einmal bewusst aufgefallen sei, oder ob das soziale Umfeld etwas davon mitbekommen habe. Außerdem werden die Zähne auf für Bruxismus typische Veränderungen hin untersucht. Um eine exakte Diagnostik zu gewährleisten, empfiehlt sich die weitere Diagnostik mittels Polysomnographie (PSG). Dabei handelt es sich um eine spezielle Untersuchung im Schlaflabor, bei der Unterkieferbewegungen und typische Bruxismus-Geräusche während des Schlafes aufgezeichnet werden. Zur tiefergehenden Abklärung kann eine neurologische Untersuchung mittels Elektromyographie (EMG) hinzugezogen werden.
Als Erstes versuchen wir die Ursachen des Zähneknirschens abzustellen. Wir suchen also nach Gebiss Fehlstellungen, Kiefergelenk Fehlstellungen und zu hoch stehendem Zahnersatz. Wenn die Verspannungen und Beschwerden fortgeschritten sind, nehmen wir Osteopathen, Physiotherapeuten und Ernährungsfachleute nach Bedarf hinzu. Aus zahnärztlicher Sicht ist der begleitende Einsatz von sogenannten Knirscherschienen effektiv. Hierbei handelt es sich um eine Kunststoffschiene, die - je nach individuellen Voraussetzungen - aus weichem oder hartem Material bestehen kann. Die Schiene wird an das individuelle Gebiss angepasst und vom Patienten in Situationen, in denen das Knirschen häufig auftritt - meist nachts - über die obere oder die untere Zahnreihe gestülpt. Das Tragen der Schiene schont die Zähne, entlastet das Gebiss samt Muskulatur und erinnert den Anwender daran, sein Verhalten zu unterbinden.
Eine weitere Behandlungsmethode (welche wir nicht präferieren) stellt die kieferorthopädische Korrektur mittels Komposit dar. Mithilfe von 3D-Technologie können hierbei individuelle Kauflächen-Veneers hergestellt werden. Es handelt sich dabei um dünne Plättchen aus verträglichem Kunststoff, die schonend und dauerhaft an den Kauflächen festgeklebt werden und dadurch die Bisslage korrigieren können. Das Tragen von Knirscherschienen fällt hierbei weg. Zudem können Veneers farblich den Zähnen angepasst werden und für ein ästhetisches Tragegefühl in den Sichtbereichen sorgen, welche bereits geschädigt wurden. Veneers können allerdings nur eingesetzt werden wo durch Bissschienen oder ähnliche Maßnahmen sicher gestellt ist, dass es zu keinen hohen Belastungen der Veneers kommt.
Bruxismus kann interdisziplinär behandelt werden. Je nach Ursache des Zähneknirschens kommen neben einer zahnärztlichen Therapie auch andere Therapien infrage, zum Beispiel:
Als Selbsthilfeoption im Alltag ist es empfehlenswert, sich das Zähneknirschen immer wieder bewusst zu machen. Tritt das Zähneknirschen beispielsweise bevorzugt während des Arbeitens am PC auf, so kann ein auf den Bildschirm geklebter Post-It-Zettel oder ein kleiner Sticker immer wieder daran erinnern, das Zähneknirschen zu unterlassen. Durch die Bewusstmachung einer unbewussten Handlung kann diese manchmal auch wieder"verlernt" werden. In der Regel hilft allerdings nur die professionelle Behandlung und Abstellung der Ursachen.